Unter dem Titel „Arbeitsleistungen“ fand am 06.06.2018 ein Fachtag der DVJJ Regionalgruppe Westfalen-Lippe statt:
Was ist die richtige Reaktion auf bzw. Sanktion für delinquentes Verhalten junger Menschen? Dies ist eine der zentralen Fragen des Jugendstrafrechts und beschäftigt alle Praktikerinnen und Praktiker aus den verschiedenen Bereichen der Jugendkriminalrechtspflege. Die sogenannten „Sozialstunden“ werden dabei oft regelhaft, gewissermaßen automatisch, im niedrigen und mittleren Strafbereich eingesetzt. Die erzieherische Eignung für die Legalbewährung wird bei der Anordnung zumeist ohne Begründung schlicht unterstellt.
Einer der Ausgangspunkte der stets wiederkehrenden Debatte über Arbeitsleistungen ist, dass die Praxis, insbesondere aus (sozial)pädagogischer Sicht, als unbefriedigend empfunden wird. Viele junge Menschen werden durch die routinemäßig angeordneten und abgewickelten Arbeitsleistungen überfordert, vor allem wenn eine pädagogische Betreuung mangelhaft oder gar nicht vorhanden ist. Insofern überrascht es nicht, dass ein ganz erheblicher Anteil von Nichtbefolgungsarresten auf nicht erbrachte Arbeitsleistungen zurückgeht. Die gewünschten Effekte einer Sensibilisierung oder Wiedergutmachung werden verhindert. Manchmal werden stattdessen sogar negative Effekte erzielt: wenn z.B. mit der Arbeit Demütigungen einhergehen, kann daraus eine Schwächung des Selbstbildes folgen.
Allerdings stellt sich – wie in anderen Bereichen der Jugendstrafrechtspflege auch – die regionale und lokale Praxis sehr heterogen dar. Das beginnt bei der begrifflichen Unterscheidung (Arbeitsweisung, -auflage, -leistung), die sich anscheinend überwiegend an lokalen oder regionalen „Traditionen“ und pragmatischen Aspekten orientiert, statt verschiedene Formen nach der inhaltlichen Intention zu unterscheiden. Auch die Inhalte variieren zwischen reinem Stundenableisten und sozialpädagogisch intensiv begleiteten Projekten. Zum Teil wissen nicht einmal die justiziellen Akteure vor Ort genau, was im Einzelnen in welchen Maßnahmeformen konzeptionell umgesetzt wird.
Diese Umstände erschweren es, einen Zugang zu finden, um grundlegende Fragen zu stellen und die Praxis einer kritischen Reflexion zu unterziehen mit dem Anspruch in Kooperation Jugendliche professionell zu begleiten. Die Tagung versuchte mit interessanten Vorträgen und Projektpräsentationen neue Impulse für die Praxis zu vermitteln und einen spannenden Austausch anzuregen.
Hier können Sie Dokumentationen zu den entsprechenden Vorträgen/Foren des Tages finden:
Begrüßung und Einführung
Prof. Dr. Nadine BALS und Prof. Dr. Brigitta GOLDBERG
Projektvorstellung Subo Essen
Stefanie DÜCKER, Jugendberufshilfe Essen (jbh)
Projektvorstellung Bunte Schule / Grünflächenprojekt
Julius CLEFF und Niko LANCIER, Faga Münster
Projektvorstellung Schwitzen statt Sitzen
Carsten Marques DOS SANTOS, AKGG, Kassel
Bernd HOLTHUSEN, Deutsches Jugendinstitut, Abteilung Jugend und Jugendhilfe